Island. Das Land aus Eis. Wir stehen vor einem riesigen Gletscher und können unseren Augen kaum trauen. Über 8.000 km² breitet sich der Vatnajökull aus und ist somit der größte Gletscher Europas außerhalb des Polargebiets. Spätestens jetzt sind wir von der einsamen, rauen Insel begeistert.
Insgesamt eine Woche erkunden wir mit unserem Mietwagen, einem waschechten Off-Road-Auto, den Süden Islands. Mit dabei: unsere Yukon-Rucksäcke, mehrere Kameras und Objektive, warme Pullis und ganz viel Abenteuerdrang.
Nach einer kurzen Nacht in Reykjavík und einem leckeren Kaffee am nächsten Morgen
brechen wir bei stürmischen Wetter auf zu unserem ersten Stopp. Unsere
Scheibenwischer schlagen schnell von rechts nach links und wir müssen kräftig
gegenlenken, um nicht vom Wind von der Fahrbahn gedrückt zu werden. Das Einzige,
was wir vor und neben uns erkennen können, sind die weißen Reste des Schneesturms,
der eine Woche zuvor auf Island gewütet hatte.
Wir fahren weiter, immer in Richtung Osten, immer mehr in den Süden der Insel. Bereits
von weitem sehen wir die meterhohen Dampfwolken. Nicht umsonst bedeutet
Reykjadalur übersetzt so viel wie dampfendes Tal. Wir stellen unseren Wagen ab und
begeben uns zu Fuß weiter auf die vier Kilometer lange Wanderung. Auch wenn am Ende
des Weges mehrere heiße Quellen auf uns warten, brechen wir unser kleines Abenteuer
kurze Zeit später ab. Es regnet einfach zu stark.
Zurück im Auto machen wir es uns stattdessen mit der Sitzheizung warm und lassen uns
volle Kanne heiße Luft ins Gesicht blasen. Zum Glück sollten wir auf unserer Strecke noch
an weiteren heißen Quellen vorbeikommen, und so fuhren wir leicht enttäuscht, aber
dennoch voller Optimismus weiter.
Wenn Wasserfälle fliegen
Unser nächstes Ziel führt uns von der bekannten Ring Road ab zu einem weniger
bekannten Wasserfall: dem Gluggafoss, auch Merkjárfoss genannt. Wir fahren auf einer
nicht asphaltierten Straße und auf einmal hört es nicht nur auf zu regnen, sondern sogar
die Sonne kommt raus. Plötzlich herrscht eine ganz andere Stimmung, etwas Magisches
liegt in der Luft und ein breites Grinsen auf unseren Lippen.
Wir parken unseren Land Cruiser und laufen über Felsen hoch zum oberen Teil des
Wasserfalls. Insgesamt 120 Meter stürzt sich das Wasser hier über mehrere Stufen in die
Tiefe, zunächst über Palagonit und später über Basaltgestein – ein beeindruckendes Bild.
Anschließend geht es weiter über die Schotterpiste, über uns tobt der Wind. Wir stellen
uns neben eine kleine Herde Islandpferde, dessen Mähnen vom Wind ordentlich
durchgepustet werden. Bei einem Blick nach oben entdecken wir weitere Wasserfälle,
doch der Wind bläst so stark, dass das Wasser nach oben und nicht nach unten zu fallen
scheint.
Es wird Zeit, dass wir unsere Unterkunft erreichen, denn es wird immer schwieriger das
Auto in der Fahrspur zu halten. Am späten Nachmittag kommen wir endlich im UMI Hotel
an, unsere Basis für die nächsten Tage. Noch erschöpft vom gestrigen Flug, dafür aber
mit abenteuerlichen Plänen im Kopf fallen wir am frühen Abend hundemüde ins Bett.
Am nächsten Tag hört es nicht auf mit den Wasserfällen. Der Skogafoss befindet sich nur
ein paar Minuten von unserem Hotel entfernt und so steuern wir diesen gigantischen
Wasserfall heute als erstes an. Mit einer Breite von 25 und einer Höhe von 60 Metern zählt
er zu den beeindruckendsten Wasserfällen, die wir bis dato gesehen haben. Wir trauen
uns noch ein weniger näher an ihn heran und werden prompt ermahnt: Eine dicke Wolke
Wasserstaub macht uns mit einem Male klitschnass. Wir müssen zurück ins Hotel.
Schwarz ist das Motto
Wieder trocken und mit Regenjacken ausgerüstet fahren wir noch weiter in den Süden
Islands, um genauer zu sein zum südlichsten Punkt der Insel: Dryhólaey. Kurz nachdem
wir von der Hauptstraße abbiegen, warnt uns ein Schild, dass der Weg nur mit einem
Allrad-Auto befahren werden sollte. Wie gut, dass wir bei der Buchung unseres
Mietwagens genau darauf geachtet hatten.
Wir kämpfen uns im ersten Gang den steilen, matschigen Weg nach oben, das Auto vor
uns scheint es nicht zu packen und lässt uns vorbei. Oben angekommen wartet eine
atemberaubende Aussicht auf uns: zur einen Seite ein kilometerlanger, menschenleerer
schwarzer Sandstrand und zur anderen die berühmt-berüchtigten Strände Reynisfjara
und Kirkjufjara – unser nächstes Ziel ganz in der Nähe von Vík í Mýrdal.
Das kleine Örtchen ist nicht nur der südlichste Ort auf Island, sondern auch bekannt für
seine Strände und die Felsnadeln Reynisdrangar. So schön die Strände mit ihrem
schwarzen Sand und den Basaltformationen sein mögen, so gefährlich sind sie auch:
“Sneaker Waves” haben hier in den letzten Jahren schon mehrere Menschen ins Meer
und damit in den Tod gezogen. Heute warnen mehrere Schilder vor den gefährlichen
Wellen.
Voller neuer Eindrücke machen wir uns auf den Weg zurück ins Hotel und verkriechen uns
kurze Zeit später unter die Decken. Morgen steht schließlich einiges an.
Ein Flugzeugwrack mitten im Nirgendwo
Früh weckt uns das Gepiepe unseres Handys am nächsten Tag. Mit Stirnlampen
bewaffnet und noch leicht verschlafen laufen wir los. Vor uns ein scheinbar unendlicher
Weg durch eine dunkle Einöde, weit und breit kein anderer Mensch. Langsam setzt die
Dämmerung ein, doch immer noch ist kein Ende des Weges in Sicht. Wir laufen und
laufen, bis sich der Weg nach einer Dreiviertelstunde im schwarzem Lavasand verläuft.
Und dann liegt es auf einmal vor uns: das Flugzeugwrack.
Vor über 40 Jahren war hier eine umgebaute C-117 aus den USA abgestürzt. Alle
Passagiere überlebten das Unglück, die Ursache für den Absturz ist aber bis heute
ungeklärt. Viele sind der Meinung, dass dem Piloten schlichtweg der Treibstoff
ausgegangen ist.
Vor so einem riesigen Flugzeugwrack zu stehen, mitten im schwarzen Nichts, ist ein
unbeschreibliches Gefühl. Wir entschließen uns, ins Flugzeugwrack hineinzuklettern.
Überall hängen Kabel heraus, viele Teile sind abgebrochen oder fehlen schlichtweg.
Es wird immer heller und langsam treffen die ersten anderen Menschen ein, allesamt
Fotografen. Kein Wunder, dieses Wrack bietet schließlich ein paar wirklich schöne Motive.
Ebenfalls mit tollen Bildern im Kasten brechen wir wieder auf.
Eine Schlucht, die vor Schönheit nur so strotzt
Unser nächster Stopp befindet sich knapp 100 Kilometer von uns entfernt und ist nicht
weniger fotogen: Fjaðrárgljúfur. Auf dem Weg zur wunderschönen Schlucht kommen wir
an Eldhraun vorbei, einem moosüberwachsenen Lavafeld, das, wie so vieles auf dieser
Insel, unendlich zu sein scheint.
Nach einer Stunde sitzend im Auto, können wir uns endlich wieder die Beine vertreten.
Über einen ziemlich matschigen Weg geht es leicht bergauf, immer dem Verlauf der
Schlucht entlang, bis wir auch diesmal vor einem Wasserfall stehen. Island hört nicht auf,
uns mit seiner magischen Schönheit zu beeindrucken.
Wir fahren weiter, diesmal liegt eine noch viel weitere Strecke vor uns: 130 Kilometer
durch die pure Einsamkeit Islands. Nur wenigen Häusern begegnen wir auf dem Weg,
dafür aber wieder einigen Wasserfällen. Mittlerweile haben wir aufgehört sie zu zählen, so
viele Wasserfälle gibt es auf Island.
Island: Ein Land voller Glücksmomente
Am frühen Nachmittag erreichen wir endlich unser heutiges Ziel: die Gletscherlagune
Jökulsárlón – uns offenbart sich ein beeindruckendes Bild. Ebenso beeindruckt sind wir
von den vielen, teilweise blau glitzernden Gletscher-Eisbrocken, die hier auf der anderen
Seite am Strand angespült werden und einen krassen Kontrast zum schwarzen
Sandstrand bieten.
Auf dem Rückweg machen wir noch einmal Halt an der kleineren Lagune Fjallsárlón. Wir
laufen ein kurzes Stück den Hügel hinauf und schon breitet er sich wie ein friedlicher
Riese vor uns aus: der Vatnajökull. Sein Eis erstrahlt in den unterschiedlichsten
Blautönen, wunderschön und kaum in Worten zu fassen.
Wir fahren weiter, in die Dunkelheit hinein. Als wir unser Hotelzimmer aufsperren ist es
bereits stockduster. Ein letztes Mal kuscheln wir uns ins Bett.
Der letzte Morgen und ein letztes Abenteuer stehen an. Auch heute machen wir uns
wieder auf den Weg, diesmal, um ein verlassenes Schwimmbad aufzusuchen. Wir stellen
unseren Land Cruiser an einem kleinen, unscheinbaren Parkplatz ab und laufen los. In
unserem Yukon unsere Badesachen und ein Handtuch.
Genau wie an den Tagen zuvor, leuchten uns auch an diesem Morgen unsere Stirnlampen
den Weg. Es geht über Geröll, kleinere und größere Felsbrocken und sogar über einen
kleinen Fluss, bis wir es in der Ferne endlich erkennen können: Seljavallalaug.
Wir ziehen uns aus, schlüpfen in unsere Badeklamotten und springen ins warme Wasser.
Es ist zwar nicht ganz so heiß wie erwartet, dennoch ist es ein unbeschreibliches Gefühl,
umgeben von rauer Natur zu baden. Auch wenn wir aufgehört hatten zu zählen, tun wir es
diesmal: Mindestens sieben Wasserfälle stürzen sich die Berge ringsherum hinunter – was
für eine Kulisse.
Und auch wenn wir die letzten Tage viel im Auto sitzen mussten und das Wetter nicht
immer mitspielte, sind es Momente wie genau dieser, die Island zu etwas ganz
Besonderem machen.
Weitere Impressionen aus Island: