Hallo zusammen,
mein Name ist Melissa, ich bin 23 Jahre alt und seit August 2017 dabei, mit meinem Tatonka Rucksack, einmal die Welt zu umrunden. Gestartet bin ich in Nordamerika. Anschließend ging es weiter nach Südamerika und nach einem kleinen Abstecher nach Hawaii, bin ich aktuell in Australien. Ich möchte euch gerne von meinen Eindrücken und Erlebnissen erzählen, die ich, zusammen mit einer Freundin in La Paz (Bolivien) gesammelt habe:
Info: Reise- und Sicherheitshinweise zu Bolivien findest du auf der Website des Auswärtigen Amtes.
Von Copacabana nach La Paz – eine aufregende Busreise…
Schon auf dem Weg nach La Paz haben wir uns wieder einmal selbst übertroffen. Um ein paar Cents zu sparen (ja, umgerechnet handelte es sich bei unseren Ersparnissen in diesem Fall tatsächlich nur um Cents), sind wir wieder einmal in einem der übelsten Busse Südamerikas gelandet.
Nachdem wir uns an ein paar Hühnerkäfigen vorbei gedrängelt haben, nahmen wir auf den uns zugewiesenen Plastikstühlen im Gang Platz (jeder Quadratzentimeter wird hier mit zahlender Kundschaft gefüllt). Und los geht eine der aufregendsten Busfahrten unseres Lebens! Es erwarten uns 165 km Fahrt von Copacabana am Titicacasee bis nach La Paz. Am Ortsausgang passieren wir das Werbeplakat eines Busunternehmens. Mit Hilfe unserer, in den letzten Wochen erworbenen, Spanischkenntnisse entziffern wir den Werbeslogan: „Der einzige direkte und sichere Bus nach La Paz“. Interessant … wir sitzen also nicht drin!
Die unglaublich schönen Ausblicke auf den Titicacasee, während der Bus sich langsam die bergigen Straßen hinauf und hinunter kämpft, lassen uns dies jedoch vorübergehend vergessen.
Schweigend versuchen wir immer wieder einen Blick aus dem Fenster zu erhaschen, während vorne im Bus die Händler, die immer wieder zu steigen, kleine Wundermittelchen, Uhren und Verpflegung anpreisen.
…mit Floß und Boot?!
Nach einiger Zeit hält der Bus und wir werden alle hinaus gebeten. Nur die Hühner dürfen bleiben. Wir befinden uns an der Tiquina Enge. Der schmalsten Stelle des Titicacasees, die den See in einen größeren Teil im Norden und einen kleineren im Süden unterteilt. Eine Brücke gibt es nicht. Aber ein Floss. Ein Floss, das kaum länger und breiter ist als unser Bus. Ein Floss, das absolut nicht vertrauenserweckend aussieht. Ein Floss, das vor allem bei weiten nicht tragfähig genug für einen ganzen Bus zu sein scheint. Während wir auf kleine Boote verteilt werden, wird unser Bus also, mit allen Habseligkeiten und circa 30 Hühnern an Bord, auf dieses kleine gebrechlich scheinende Floss verladen.
Auf der anderen Seite angekommen können wir beobachten, wie dieses kleine Wunder südamerikanischer Ingenieurskunst langsam, von einer Seilwinde gezogen, auf uns zu schippert. Der Bus schafft es tatsächlich unbeschadet bis ans andere Ufer und wieder einmal sehen wir, dass wir doch einfach mal mehr vertrauen sollten. Erleichtert können wir uns also wieder auf unsere mit unserer Kleidung ausgepolsterten, wackeligen Plastikstühle fallen lassen.
…unterwegs auch auf nicht befestigten Straßen
Während der weiteren Fahrt über eine erstaunlich gut ausgebaute Landstraße lauschen wir der Musik aus dem Radio und vertreiben uns die Zeit damit die Schweine und Esel am Straßenrand zu zählen. Wer die Meisten erspäht gewinnt und darf später im Hostel zuerst auf Klo!
Doch die Idylle hält nicht lange an. Aus unerklärlichen Gründen biegen wir nach einigen Kilometern von der Landstraße ab und fahren stattdessen auf einer unasphaltierten Straße weiter. Warum? Keine Ahnung! Eine Abkürzung ist dies sicherlich nicht, aber vielleicht will der Fahrer somit anfallende Mautkosten umgehen.
Die Hühner gackern, die Plastikstühle knarzen gefährlich und das temperamentvolle Gefluche der Bolivianer ist ohrenbetäubend. Unser Bus ist nicht der einzige auf dieser Straße, jedoch ist die Tatsache, dass sich die Hälfte der anderen Busse oder Autos, denen wir begegnen, bereits festgefahren hat, nicht besonders beruhigend. Unser Fahrer kennt keine Gnade und brettert mit einem Höllentempo durch den Sand, um dann nach einigen Kilometern wieder auf die Landstraße zu biegen.
Lang entbehrter Luxus im Hotel
Langsam kehrt wieder Ruhe ein und, während die Sonne bereits untergeht, kommen wir nach einer weiteren Stunde endlich unbeschadet in La Paz an. Es ist bereits viel später als erwartet und somit kämpfen wir uns schnellstmöglich mit unseren großen Rucksäcken durch die engen Gassen der Stadt bis zum erstbesten Hotel. Dieses ist für europäische Verhältnisse zwar spotgünstig, übersteigt jedoch das eingeplante Budget für die Nacht bei weitem. Aber was soll’s. Begeistert stellen wir fest, dass es hier sogar Seife und Klopapier auf den Toiletten gibt und genießen die erste heiße Dusche nach langem. Anschließend belohnen wir uns mit einem Chifa-Abendessen (Chifa bezeichnet hier alles Essen, das auch nur minimal asiatisch angehaucht ist) und fallen in die warmen Betten.
INFO: Sicherheit auf Reisen – Wir haben dir die 10 wichtigsten Tipps und Tricks zusammengestellt, wie du dein Gepäck und deine Wertsachen unterwegs sichern kannst.
Auf dem Markt der Zauberei
Am nächsten Tag geht es endlich auf Erkundungstour. Wie immer haben wir uns auch über La Paz im Voraus kaum informiert und lassen uns überraschen, was die Stadt so zu bieten hat. An der Rezeption wird uns der „Mercardo de Hechicería“, zu Deutsch der „Markt der Zauberei“, empfohlen. Also nichts wie hin! Nach einem kurzen Fußmarsch durch die engen Gassen der Stadt und erwartet uns tatsächlich allerlei Hokupokus. Für jedes Problem kann man hier eine Lösung käuflich erwerben. In kleinen, mit bunten Bildern bedruckten Päckchen befinden sich Pülverchen gegen fast alles. Haarausfall? Pülverchen! Pleite? Pülverchen! Po zu klein? Pülverchen! Vom Ehemann betrogen? Pülverchen! Für letzteres gibt es jedoch auch tierförmige Kerzen zu kaufen. Wenn man in diese den Namen des Ehebrechers einritzt und sie anschließend nachts in einer Kirche anzündet, treibt es ihn angeblich wieder zurück ins richtige Bett.
Die von der Decke baumelnden getrockneten Lamaföten, kann man je nach Größe ab 250 BS das Stück (umgerechnet circa 32 €) erwerben. Für bolivianische Verhältnisse ist das ein kleines Vermögen. Als Opfer für Pachamama scheint jedoch nichts zu teuer zu sein.
Wir kommen aus dem Staunen gar nicht mehr raus und lauschen den Erklärungen der Verkäuferinnen, die sich geduldig widerholen, bis wir alles, auch mit unserem begrenzten Vokabular, verstanden haben. Am Straßenrand kaufen wir einen frisch gepressten Orangen-„Jugo“ und eine Tüte mit zuckersüßem aufgepufften Reis und machen uns auf den Weg zum „Teleférico, der zweiten Attraktion des Tages.
Im Teleférico die Stadt von oben erleben
Da die, auf 3.500m Höhe gelegene, Stadt von Bergen umrundet ist, hat sich hier eine Seilbahn als schnellstes und sicherstes Verkehrsmittel durchgesetzt. Diese hochmoderne Anlage, die absolut nicht ins Stadtbild passt, verbindet das Stadt Zentrum durch mehrere Linien mit den umliegenden Vororten.
Wir entscheiden uns für eine Kombination aus der blauen und der gelben Linie, um einen möglichst großen Teil der Stadt von oben zu sehen. Wie kleine Kinder pressen wir uns die Nasen an den zerkratzen Fensterscheiben der Gondel platt und beobachten das treiben auf den Flachdächern. So entdecken wir Gehege mit Ziegen, spielende Kinder, Frauen die Wäsche aufhängen und überlegen laut, über was sich die Leute wohl gerade unterhalten, über deren Köpfen wir gerade schweben.
Auf der Plaza Murillo
Den Abend verbringen wir auf mit einem Eis in der Hand auf den Treppenstufen des „Plaza Murillo“ und beobachten Familien bei füttern der unzähligen Tauben. Zwei weitere Tage haben wir anschließend noch in La Paz verbracht. Haben uns durch die engen Gassen mit den unzähligen Fußgängern, Straßenmärkten, hupenden Minibussen und Betonbauten gequetscht und das scheinbare einzige Chaos der Stadt auf uns einwirken lassen, bevor es mit dem Nachtbus weiter nach Uyuni ging.
Doch das ist eine andere Geschichte…