“Ganz alleine? Ist das nicht gefährlich?” oder “Was willst du denn da?” waren Fragen, die ich immer wieder beantworten musste, als ich beschlossen hatte, für ein Jahr nach Neuseeland zu gehen. Natürlich hatte auch ich die ein oder andere Sorge, schließlich bin ich noch nie alleine gereist und hatte keine Ahnung, wo ich in ein paar Tagen sein werde. Doch ich habe mich nicht beirren lassen, und somit stand ich am 27. August 2018 am Flughafen, mit meinem Tatonka Yukon Rucksack auf dem Rücken und bereit für mein Abenteuer.
Der Flug selbst war ganz angenehm. Obwohl ich nicht wirklich schlafen konnte, war ich hellwach, als endlich die Küste von Neuseeland in Sicht kam. Die ersten Tage war ich ziemlich angespannt, der Druck, schnellstmöglich einen Job finden zu müssen, war hoch. Meine größte Angst war, dass mir das Geld viel zu schnell ausgeht.
You need to try harder – Schafe scheren auf einer Farm
Das war zum Glück komplett unbegründet: Nicht mal eine Woche später hatte ich einen Job auf der Südinsel und bin direkt am nächsten Morgen mit einem lauten, wackeligen Flieger und ohne Sicherheitskontrolle von Auckland nach Nelson geflogen.
Auf der Farm habe ich ein paar interessante Erfahrungen sammeln können, zum Beispiel durfte ich einmal beim Schafe scheren helfen und die Schafe einfangen. Das erste Schaf war noch nett zu mir, aber die anderen haben mich trotz vollem Körpereinsatz umgerannt und über den Boden geschleift. Der einzige Kommentar, den ich dazu bekam, war:
“You need to try harder” – leichter gesagt als getan. Aber genau deswegen bin ich hergekommen: um neue Sachen auszuprobieren, die ich sonst nie gemacht hätte. Egal, ob es klappt oder total in die Hose geht, man lernt immer etwas dazu.
Auf der Farm lief leider nicht alles so wie gedacht, und ich bin früher als geplant weitergereist. Damals war ich etwas enttäuscht und habe angefangen, ein bisschen an mir und meinen Fähigkeiten zu zweifeln. Doch davon habe ich mich nicht unterkriegen lassen und bin mittlerweile froh um diese Erfahrung.
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Übernachtung mitten im Nirgendwo
Zwei Wochen später hat mein nächster Job angefangen. In diesen zwei Wochen habe ich Franziska kennengelernt, und wir sind zusammen Campen gewesen. Jeden Morgen beim Frühstück haben wir überlegt, was wir machen und sehen wollen. Somit wussten wir nie, was der Tag für uns bereithält. An einem Tag sind wir spontan an Klippen entlang, auf einen herausragenden Felsen geklettert.
An einem anderen Tag haben wir ein Schild mit “Only Four-Weel-Drive and High Ground Access” übersehen und haben es mit schwitzenden Händen gerade so den rutschigen Berg mit einigen Schlaglöchern hoch geschafft.
Nach etwa einer Stunde Fahrt standen wir vor einer geschlossenen Brücke, hinter der der Campingplatz sein sollte. Zum Umdrehen war es schon zu spät, da eins der Tore auf dem Weg nachts geschlossen wird. Außerdem lassen wir uns doch nicht die Gelegenheit nehmen, zwischen Bergen mitten im Nirgendwo zu übernachten. Zudem bot der Himmel eine klare Sicht auf die Sterne.
Kein Internet, kein Strom, aber ganz viel Ruhe
Spätestens an dem Abend war mir klar: Ich will mehr! Mehr reisen, mehr sehen, mehr entdecken. Mehr über die Welt, Kulturen, Lebewesen und auch über mich selbst lernen. Ein paar Tage vorher hatte ich geträumt, nach Hause fliegen zu müssen. Am nächsten Morgen war ich mehr als erleichtert, dass das nicht die Realität war. Es ist für mich momentan unvorstellbar, wieder nach Deutschland zu gehen. Ich habe das Gefühl, dort könnte ich mich niemals so weiterentwickeln wie beim Reisen. Studieren kann ich auch noch in ein paar Jahren, die Universitäten laufen mir nicht weg.
Eins ist klar:
Ich bin frei und unabhängig, das ist jetzt meine Zeit, aus der ich so viel wie möglich rausholen möchte und die ich für mich genießen werde. Nach dieser Woche, vollgepackt mit kleinen Abenteuern und neuen Erkenntnissen, habe ich angefangen in Kaikoura zu arbeiten. Mittlerweile wohne ich hier seit vier Monaten und kann mich mehr als nur glücklich schätzen.
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Ein paar Ersparnisse, ein kleines Auto und ganz viel Unabhängigkeit
Schon am ersten Arbeitstag haben Arbeitskollegen mir angeboten, zu ihnen zu ziehen. Das hat eine ganze Kettenreaktion ausgelöst, denn ich hätte nicht einen zweiten Job annehmen können, wenn ich in einem Hostel gewohnt hätte, und ich hätte somit niemals so viel sparen können. Dadurch konnte mir ein kleines Auto kaufen, in dem ich schlafen kann.
Also bin ich nun komplett flexibel und unabhängig von Bussen und Hostels und kann Orte erkunden, die man ohne Auto gar nicht erreichen könnte.
Der Abschied von dieser kleinen Stadt fällt mir schwer, denn ich habe mich super eingelebt und hier viele Menschen kennenlernen dürfen, von denen ich nun einige zu meinen Freunden zählen kann. Bei jedem Gang zum Supermarkt oder in das Stadtzentrum hat man bekannte Gesichter getroffen. Die positive Einstellung der Einwohner ist bewundernswert, denn vor ungefähr zwei Jahren wurde die Stadt von einem starken Erdbeben erschüttert. Heute sieht man kaum noch etwas von den Spuren. Fast alle Häuser sind wieder aufgebaut, und die Straßen von und nach Kaikoura sind wieder befahrbar. Auf die Frage „How are you?“ bekommt man oftmals „Living the dream“ als Antwort. Die Einwohner sind stolz auf ihr Zuhause, wollten es auch nach dem Erdbeben nicht verlassen und haben hart gearbeitet, um die Stadt wieder aufzubauen. Es hat sich definitiv gelohnt, denn Kaikoura liegt am türkisblauen Meer und gleichzeitig direkt neben hohen schneebedeckten Bergen.
Ich werde diese wunderschöne Stadt vermissen, aber ich werde mir einen meiner Lieblingssprüche zu Herzen nehmen: “Don’t cry because it’s over, smile because it happend”.
Ich freue mich nun auf das, was die nächsten Monate am anderen Ende der Welt für mich bereithalten und werde diese Zeit mit vollen Zügen genießen!